Zweites Kapitel: Spukgestalten

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Erstes Kapitel: Halloween

Ich lag auf einer Wiese, am Ufer eines Sees. Nirgendwo Menschen. Stattdessen entdeckte ich auf dem See ein schwarzes Schloss. Es sah aus wie ein Gruselschloss aus einem Film, wie es sich da auf der Insel vor dem Nachthimmel abhob.

Mein Verstand hatte sich aufgehängt. Error. Wo waren meine Mitschüler? Wo war der Friedhof? Das war gar nicht gut.

Eine merkwürdige Stille kehrte ein, als ich aufhörte zu schreien. Dass ich es überhaupt getan hatte, war mir zuvor nicht bewusst gewesen.

„Das wurde aber auch Zeit.“ Die Männerstimme kam mir bekannt vor. Es war die Stimme, die mich davor bewahrt hatte, vom Fensterbrett aus in den Vorgarten zu stürzen und mir dabei meine Knochen zu brechen. Ich kam auf die Füße und drehte mich um.

Zwei Gestalten standen dort. Die eine war das Monster, welches plötzlich im Hexagramm erschienen war. Es überragte den Jungen mit den Fledermausflügeln.

Ein Junge, kein Mann. Der Junge sah wie ein völlig normaler Typ aus, der auch in meiner Schule hätte herumlaufen können. Wären da nicht diese abartig großen Flügel gewesen, die hinter ihm aufragten. Er war einen Kopf größer als ich und seine körperliche Präsenz war mir unangenehm. Von seiner schlaksigen Gestalt ging eine latente Genervtheit aus – oder verursachten nur seine harten Gesichtszüge diesen Eindruck? Mein Blick glitt zurück zu dem Monster mit den leuchtenden Augen, Hörnern und Krallen. Nein, für das alles gab es wirklich keine gute Erklärung. Vielleicht war ich schon tot. Oder halluzinierte. Allerdings fühlte sich das alles sehr echt an.

Mein Körper war in eine Schockstarre verfallen.

„Wir wollen dir nichts tun“, sagte das Monster und entblößte dabei spitze Haifischzähne, die mir ein Kribbeln über den Rücken jagten.

Ich versuchte meine Stimme zu benutzen. Sie klang ganz heiser. „Wer seid ihr? Warum bin ich hier? Bringt mich zurück!“ Ich merkte wie ich zu zittern begann und unterdrückte es mit aller Willenskraft.

„Alles was du wissen musst, ist Folgendes: Von nun an wirst du als Tochter der Nacht dem Meister der Finsternis dienen!“

Ich musste träumen. Halluzinieren. Das konnte doch nicht real sein! Wild schüttelte ich den Kopf.

Der Fledermausjunge gab ein genervtes Seufzen von sich, woraufhin ihm das Monster einen strengen, leuchtend gelben Blick zuwarf.

Wo war hier die Escape Taste? „Dafür hat Jesse euch nicht beschworen!“

Das Monster brach in schauriges Gelächter aus. „Als ob so eine Farce von einer Beschwörung einen Dämon meines Niveaus herbeirufen könnte! Es war nur eine nette Gelegenheit, diesen Menschen etwas Respekt beizubringen.“ Das Monster grinste ein Haifisch-Grinsen – es war offenbar sehr zufrieden über seinen eigenen Auftritt.

Ich spürte wie der Mut zu mir zurückströmte. Was auch immer hier gespielt wurde – ohne mich! „Aber ich bin keine Nachttochter oder was auch immer! Ihr habt die Falsche geholt!“ Verschwindet, ihr Halluzinationen!

Das Monster war nicht beeindruckt. „Ich irre mich nie. Du gehörst in die Schattenwelt. Von nun an wirst du unter Deinesgleichen leben.“

Mein frischer Mut ging in einer neuen Welle des Schocks unter. Die meinten das wirklich ernst. Mein Magen wurde zusammengepresst bis auf die Größe einer Walnuss. Das war wie ein Albtraum. Aber ich fühlte mich nicht, als ob ich schlief.

Der Junge mit den Flügeln wurde unruhig und trat einen Schritt in meine Richtung. Er deutete über meine Schulter und ich riskierte einen Blick. Sah zum See. In der Mitte der Wasseroberfläche – auf welcher die Spiegelbilder der Sterne schwammen – war eine Insel mit dem Schloss. Seine Umrisse zeichneten sich vor der klaren Herbstnacht ab. Nur aus wenigen Fenstern funkelte Licht zu uns herüber.

„Dein neues Zuhause“, sagte der Junge. „Lasst uns endlich gehen.“

Als ich nichts sagte, umschlangen mich plötzlich wieder Arme. Der Junge war an mich herangetreten. Und noch bevor ich begriff, was das werden sollte, hatte er schon einen Arm um meinen Rücken und den anderen unter meine Kniekehlen gelegt. Im nächsten Moment hob er mich hoch. Für seine schlaksige Statur war er erstaunlich stark. Ich holte Luft, um zu protestieren. Schreien. Kämpfen. Was auch immer.

Aber diese Reaktion kam zu spät. Denn gemeinsam mit mir stieß er sich vom Boden ab und trug mich mit kräftigen Flügelschlägen in die Nachtluft. Ich schrie und krallte mich an seinen kantigen Schultern fest, während er über den schwarzen See flog, in dem die Sterne funkelten. Das war der schlimmste Traum aller Zeiten. Vor lauter Angst abzustürzen, klammerte ich mich an meinen Entführer und versuchte meinen Mageninhalt bei mir zu halten. Eine falsche Bewegung und ich fiel ungefähr hundert Meter tief.

Das Schloss kam immer näher. Alles an dem Gebäude wirkte schief. Keiner der unzähligen Türmchen ragte senkrecht in den Himmel. Wer baute sowas?

Wir landeten vor einem riesigen schwarzen Eingangstor. Darauf war ein Pentagramm gezeichnet, dessen Spitze in Richtung Boden wies. Um den Stern herum gruppierten sich fremdartige Symbole.

Scheiße, wo war ich hier nur rein geraten? War in dem Wein vielleicht irgendeine Droge gewesen?

Wie von Geisterhand gesteuert schwang das Eingangstor quietschend nach innen auf. Der Flügeljunge trug mich hindurch, ohne anzuhalten. Hinter dem Tor erwartete uns ein Raum, der von hunderten von Kerzen in flackerndes Licht getaucht wurde. Überall tanzten Schatten. Von dieser Eingangshalle zweigten unzählige Gänge und Treppen ab.

Mein kleiner Aussetzer war vorbei. Ich strampelte mich frei, kam auf die Füße, entfernte mich ein paar Schritte und starrte meinen Entführer zornig an. „Bring mich zurück!“ Ich warf einen Blick nach draußen und sah wie der Gehörnte in einer Dampfwolke über den See marschierte. Er lief einfach über die Wasseroberfläche.

Der Flügeljunge warf mir einen spöttischen Blick zu. „Zum See?“

Idiot. „Nach Hause! Bring mich zurück zu meinen Eltern!“

Das Gesicht meines Entführers wurde verächtlich. „Du wolltest doch so dringend von deinen Eltern weg, dass du dafür sogar aus dem Fenster geklettert bist. Ich bringe dich auf keinen Fall zurück. Selbst wenn ich wollte, würde der Meister es niemals erlauben. Wenn er einen ruft, gehört man ihm. Akzeptier das einfach.“

Ich starrte den Jungen nur an. Das konnte er nicht ernst meinen.

Er seufzte. „Das überfordert dich offenbar. Ich bringe dich in deine Schlafkammer. Alles andere kann warten.“

Ich wollte nicht mitkommen. Aber welche andere Wahl hatte ich denn? Ich wusste nicht, wo ich war und bezweifelte, dass ich weit kommen würde, bevor meine Entführer mich wieder einsammelten.

Flügeljunge wandte sich von mir ab und ging in einen der vielen, schattigen Gänge in diesem Spukschloss.

Ich blickte mich um. Im Eingangsportal erschien das andere Monster und seine Augen leuchteten im Dunkeln. Schnell rannte ich Flügeljunge hinterher.

Der Junge führte mich eine Treppe hinauf, in einen spärlich beleuchteten Gang hinein. An dessen Ende wartete ein gigantisches, unsymmetrisches Treppenhaus mit dunklen Treppen, die ungeordnet irgendwelche Gänge miteinander verbanden. Von vielen hingen Spinnweben herab. Hier und da flackerte eine Kerze. Wie konnte hier irgendjemand die Orientierung behalten? Die Luft roch muffig, wie in einer Katakombe. Und war das in der Ferne etwa ein leises Heulen?

Ich ging noch dichter bei den zusammengeklappten Flügeln. Die Membran war wie die einer Fledermaus. Warum dachte mein Hirn sich so etwas aus? Ich strich über die warme Haut, auf der ein bisschen Flaum wuchs und der Flügel zuckte. „Lass das!“ Flügeljunge warf mir einen zornigen Schulterblick zu.

Ich sah mich weiter um. Auf einigen der Treppen liefen Gestalten. Ein paar sahen neugierig zu uns herüber. Für einen Moment dachte ich daran, sie um Hilfe zu bitten. Aber irgendwie bezweifelte ich, dass sie mir helfen würden. Im Halbdunkel des Treppenhauses waren sie nur Schatten.

Wir bogen in einen weiteren Gang ein, der sich gabelte. Einer der Abzweigungen führte in einen Raum, von dem dreizehn Gänge abzweigten. Auch hier wurde alles von Kerzenleuchtern nur spärlich erhellt. Langsam bekam ich das Gefühl, dass es mir ziemlich schwer fallen würde, das Eingangstor allein wiederzufinden, wenn unser Weg weiterhin so ungeordnet verlief. Und das tat er.

Ich versuchte mir den Weg zu merken, doch es kamen immer noch neue Gabelungen, Treppenhäuser und Gänge. Es nahm kein Ende. Allmählich zweifelte ich daran, mir das alles fehlerfrei eingeprägt zu haben. Schließlich gelangten wir zu einer steinernen Wendeltreppe.

„Hier befinden sich einige Schlafkammern“, erläuterte Mr. Genervt und führte mich die Treppe hinauf. Seine Fledermausflügel kratzten fast gegen die steinernen Wände, obwohl er sie eng zusammengefaltet am Körper trug. Ich hatte ein beklommenes Gefühl zwischen den engen, schiefen Steinwänden. Von der Wendeltreppe zweigten immer wieder dicke Holztüren ab, die alle verschlossen waren. Sieben Stück insgesamt. Vor der obersten blieb er stehen und stieß sie auf.

Dahinter lag ein winziger Raum. Und kalte Luft strömte mir ins Gesicht. Hinein gequetscht worden waren: Ein schmales Bett, ein zerkratzter Schrank, eine leere Waschschüssel mit Rissen, ein Schreibtisch und ein alter Holzschemel, der darunter stand. Gegenüber der Tür war ein Fenster. Es offenbarte den Nachthimmel, den See und einen Wald, der sich in der Dunkelheit bedrohlich abzeichnete. Außerdem war es kalt. Eiskalt.

„Hier wohnst du jetzt.“

Das meinte er doch nicht ernst, oder? Konnte ich jetzt bitte aufwachen?

„Versuch aber nicht aus dem Fenster zu klettern. Das könnte übel für dich ausgehen.“ Er klang von seinem eigenen Witz amüsiert.

„Warum hast du mich aufgefangen, als ich vom Fensterbrett gefallen bin?“

Er sah so genervt aus, als würde man ihn zwingen, mit einem Hamster höhere Mathematik zu besprechen. „Na, warum wohl? Der Meister wollte dich hier haben. Lebendig. Warum sonst hätte ich es tun sollen?“

Wut flammte in mir auf. „Du hast die ganze Entführung geplant!“ Ich vergaß immer mehr, dass ich mir hier vermutlich alles nur einbildete. Es fühlte sich zu echt an.

Er besaß die Frechheit, seine grauen Augen zu verdrehen. „Da gab es nicht viel zu planen. Du hast es uns nicht gerade schwer gemacht. Außerdem habe ich dich nicht entführt. Es war nicht meine Entscheidung, dich hierher zu holen. Das wirst du bald verstehen.“

Jemand krächzte: „Glaub ihm kein Wort!“

Wir fuhren beide zum Fenster herum. Auf dem Sims hockte eine Krähe.

„Garos!“ Mr Unleidlich sah so zornig aus, als wollte er sich gleich mit bloßen Händen auf den Vogel stürzen.

„Der einzig wahre!“ Die Krähe lachte. Die-Krähe-lachte. Es war ein unangenehmes Geräusch, das mir einen Schauder verursachte. Gab es an diesem Ort eigentlich irgendetwas Normales? „Der kleine Hosenscheißer lügt ständig! Er tut bloß alles, um die Aufmerksamkeit von seinem Papi auf sich zu ziehen!“

Mein Entführer stürzte sich auf die Krähe, die ihm jedoch geschickt auswich, unter seinem Arm hindurchsegelte und knapp über meinem Kopf vorbeischoss. Ich hörte sie immer noch lachen, also war sie wohl nicht weit weg geflogen. Der Junge hatte sich bereits zu mir herumgedreht, wobei sein Flügel über eine der Steinwände schrammte.

Er wollte mich zur Seite schieben, doch ich wehrte mich. „Lass den Vogel in Ruhe! Er ist nur ein wehrloses Tier, du Arsch!“

„Lass-mich-vorbei.“

Garos krächzte hinter mir: „Zeig mal ein bisschen Respekt, du Grünschnabel!“

Das Gesicht des Jungen wurde finster vor Zorn. Ich blieb jedoch mit ausgebreiteten Armen stehen und sah ihn streng an.

Er blinzelte, straffte sich und schien tatsächlich etwas von seiner Fassung zurückzugewinnen. Seine grauen Augen starrten ungnädig auf mich herab.

Trotzdem. Die Gelegenheit war günstig, um mehr herauszufinden. „Was passiert jetzt? Was habt ihr mit mir vor?“

„Ich habe gar nichts mit dir vor. Der Meister der Finsternis hat dich gerufen, deshalb bist du hier.“

„Aber warum? Wer ist das überhaupt? Was soll das alles?“

Mein Entführer schien das Interesse an diesem Gespräch zu verlieren und wollte sich schon an mir vorbeischieben, doch ich stieß ihn mit aller Kraft zurück.

In sein überhebliches Gesicht mischte sich eine Spur Überraschung darüber, dass ich es wagte, mich zu widersetzen. Spöttisch hob er eine Augenbraue.

„Beantworte meine Fragen!“ Ich versuchte so selbstbewusst zu klingen wie Jesse, obwohl mein Herz vor Aufregung bis an meine Rippen schlug. Meine lädierten Rippen.

Er schien noch darüber nachzudenken, ob er mir antworten wollte oder nicht, als ein Flügel-Flappen mich nur eine Millisekunde warnte, bevor sich spitze Vogelkrallen in meine Schulter gruben. Garos war darauf gelandet. „Siehst du, der Bengel hält sich für unwiderstehlich, nur weil er Hände und Arme hat und einen menschlichen Körper. Aber was nützt ihm das, ohne einen einzigen Funken Grips?“

Ich traute mich kaum das Tier anzusehen. Eine Krähe war ein ziemlich großer Vogel. Ungefähr so groß wie mein Kopf. Das Gewicht und die spitzen Krallen waren deutlich zu spüren. Das Tier könnte mir mit Leichtigkeit ein Auge aushacken. Oder beide. Je nach Appetit.

Dem Vogel gefiel mein Schweigen nicht. „Jetzt sag mir nicht, dass du auch so eine Dumpfbacke bist.“

„Ähm… Nein?“ Ich räusperte mich. „Also, was passiert jetzt mit mir? Wieso kannst du überhaupt sprechen?“

Die Krähe warf ihren Kopf in den Nacken und rückte ihn in eine besonders vorteilhafte Position, wie ich aus dem Augenwinkel erkannte. Ich wollte das Tier nicht direkt ansehen. Mit großer Geste spreizte sie einen ihrer Flügel und wollte gerade antworten, als der Junge ihr ins Wort fiel: „Diese Krähe ist nur ein niedriger Kobold, der in die Gestalt eines Vogels hineingeboren wurde. Also nichts Besonderes.“

Garos plusterte sich empört auf. „Nichts Besonderes? Nichts Besonderes?! Ich bin einer der ältesten und gewitztesten Kobolde im ganzen Schloss!“

„Höchstens einer der winzigsten Kobolde im ganzen Schloss.“

Allmählich war ich so frustriert, dass ich kurz davor war, entweder zu schreien oder zu heulen. Aber das würde hier keinen weiterbringen. „Jetzt hört auf euch zu streiten wie Kindergartenkinder! Du hast mich entführt, Fledermausjunge! Du schuldest mir zumindest ein paar Antworten – Was ist das hier für ein komischer Ort? Was habt ihr Freaks mit mir vor?“

„Fledermausjunge“, kicherte Garos heiser. „Gar nicht schlecht, kleine Hexe. Also, dann werde ich dir mal erklären, was der Hosenscheißer da nicht zusammenkriegt. Du bist hier im Zentrum der Macht. In der Hauptstadt der Schattenwelt, könnte man sagen. Und in einer Schule für Geschöpfe der Nacht. Hier werden zukünftige Krieger ausgebildet, die dem Meister dienen. Zu deinem Glück hat der Meister entschieden, dich in seine Gefolgschaft einzureihen. Es verpflichtet dich dazu, dich dreizehn Jahre lang hier ausbilden zu lassen. Danach wirst du ein Diener des Meisters sein. Und unter seiner Führung zu deiner wahren Größe heranreifen.“

Ich musste das erstmal sortieren. Das hier war eine Schule? Und eine Hauptstadt? Schattenwelt? Jemand wollte mich hier gefangen halten und ausbilden? Hatte die Krähe mich gerade als ‚kleine Hexe‘ bezeichnet?

Allmählich sickerte durch, dass ich hier bleiben musste und anschließend praktisch mein komplettes Leben fremdbestimmt sein würde. Nein, nein, nein! Nur über meine Leiche!

Heute Morgen hatte ich mich noch darauf gefreut, dass bald mein achtzehnter Geburtstag kommen würde. Das mir in zwei Jahren niemand mehr vorschreiben konnte, was ich zu tun und zu lassen hatte. Jetzt halluzinierte ich und meine eigene Halluzination würde mich für immer in eine Gefangene verwandeln.

Diese neue Gefangenschaft war inakzeptabel. „Das kann nicht sein. Ich gehöre nicht hierher. Wer gibt euch das Recht das zu tun? Kann ich das nicht irgendwie abwenden?“

Es war schwer zu sagen bei einem Vogel, aber ich hatte den Eindruck, dass die Krähe mich mitleidig ansah. „Tut mir leid, Kleine. Du wurdest gerufen. Deshalb kann man nichts daran ändern.“

Fledermausjunge warf ein: „Und warum solltest du das überhaupt wollen? Dein Leben wird von jetzt an viel besser, viel spannender. Genau das wolltest du doch, als du aus dem Fenster geklettert bist.“

Aber nicht so.

Was, wenn das hier alles wirklich geschah?

Dann würde meine Familie denken, ich sei tot. Mein Leben würde nur in eine andere Art von Gefangenschaft transformiert werden. Ein paar Tränen, die ich nicht zurückhalten konnte, rollten über meine Wangen. Keiner dieser beiden würde mir dabei helfen zu entkommen.

Ich trat zur Seite, um Fledermausjunge durchzulassen und bedeutete ihm zu verschwinden. Mit meinem Handrücken wischte ich mir übers Gesicht.

Garos strich mir mit einem Flügel über die Wange, stieß sich von meiner Schulter ab, segelte am Kopf des Jungen vorbei und flog in die Nacht hinaus.

Der Junge trat einen Schritt auf mich zu und streckte die Hand nach mir aus, doch im letzten Moment zuckte er zurück. „Du wirst es schon noch akzeptieren.“ Er wendete sich zum Gehen, hielt aber noch einmal inne. „Eine Sache noch: Nenn mich nicht Fledermausjunge. Ich heiße Liam.“ Er schob sich vollends aus dem Raum und ließ mich allein in der Kammer zurück.

Ich trat die Tür hinter ihm zu. Und wünschte ihm die Pest an den Hals.

Einen Moment lang war ich überfordert mit meinen Gedanken und Gefühlen. Doch dann rastete die Erkenntnis glasklar ein: Hier konnte ich nicht bleiben. Ich musste fliehen. Wenn das hier eine Halluzination war, dann musste ich nach ihren eigenen Regeln entkommen. Also aus der Schattenwelt fliehen. Und wenn nicht… Nun, dann musste ich auch fliehen.

Zu Kapitel 3 (sobald online):

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