
Autorin: Sarah J. Maas
2017 auf deutsch erschienen
BOOKTALK / Lesetagebuch
Enthält Spoiler
(Reread)
Moin Leser
In letzter Zeit habe ich das immer stärkere Bedürfnis mich über konkrete Inhalte von Büchern auszutauschen. Wenn du das Buch bereits kennst, würde ich mich sehr über eine Meinung oder deine Gedanken dazu freuen, falls du Lust dazu hast. Wenn du das Buch noch nicht kennst, rate ich dir hiermit stark davon ab diesen Beitrag zu lesen, da er dich inhaltlich zu stark spoilern wird und dir so ein großer Teil des Lesespaßes entgehen wird.
Der Anfang ist relativ langwierig und erzeugt eine unfassbare Wut darauf wie Feyre von ihrer Familie behandelt wird. Ich denke der Anfang ist dazu da zum einen Mitleid mit der Hauptfigur zu haben, um sie zu mögen (ihre Jagdfähigkeiten und ihr harter Pragmatismus sowie ihre Opferbereitschaft gegenüber ihrer Familie tun ihr übriges) und zum anderen, um einen Eindruck von der bösen Fantasy-Welt jenseits der Mauer zu bekommen, vor der die Menschen so große Angst haben. Das ganze erinnert mich insgesamt sehr stark an eine Highfantasy-Version der keltischen Anderswelt. Auf der einen Seite schön und wundersam und auf der anderen brutal und erschreckend.
Als Beauty-and-the-beast Element taucht ein Monster auf und zwingt Protagonistin Feyre dazu mit ihm in die gefürchtete Fantasy-Welt zu kommen – ihr Leben im Austausch gegen das des Fae (=Fantasy-Wesen von jenseits der Mauer), den sie auf der Jagd halb mit Absicht getötet hat.
Die Beschreibung des Monsters, das Feyre holt, ist meiner Ansicht nach nicht besonders gelungen – ich schaffe es nicht mir ein goldbefelltes Wesen vorzustellen, das etwas bärenartiges hat, sich katzenhaft bewegt und den Kopf eines Wolfes hat. Mit gedrehten, schaufelartigen Hörnern. Das sind zu viele Tiergestalten, die sich vor meinem inneren Auge nicht in eine zusammensetzen lassen.
Das erste Drittel des Buches ist von den Wundern und Schrecken der fremden Fantasy-Welt geprägt und von Feyres Angst und Hass vor den Fae.
Lucien als einäugiger bester Kumpel des „Biests“ ist dabei eine meiner Lieblingsfiguren mit seiner frechen und kompromisslos beleidigenden Art gegenüber Feyre.
Ich weiß noch dass die Geheimnisse und Fragen bezüglich des Plots mich beim ersten Hören der Geschichte mit ihrer atemlosen Spannung durch alles hindurch gezogen haben.
Schließlich kommt mein Lieblingsmonster: der Suriel – ein Wesen, das wie die Personifizierung des Todes aussieht und sehr atmosphärisch beschrieben wird. Bei der Vorstellung davon hatte ich keine Probleme. Und erst danach – so ab Seite 166 – nimmt die Liebesgeschichte zwischen Feyre und dem „Biest“/Tamlin/High Fae wirklich ihren Lauf.
Da ich die Story bereits kenne, war es bis zum Suriel für mich nicht besonders spannend und ich habe mich über Tamlins zaghafte Kontaktversuche Feyre gegenüber sehr gewundert.
Mit Tamlin haben wir den typischen muskulösen, raubtierhaften Love-interest. Aber diesmal NERVT ES MICH ~NICHT~. Was ist da los? Aus irgendeinem Grund erscheint es mir dieses mal passend statt irritiend und nicht obligatorisch. Mit obligatorisch meine ich: er muss aussehen wie ein Fitness Model, weil er der Love Interest ist.
Die Geschichte ist sehr lang: insgesamt 475 relativ dicht bedruckte Seiten. Und ich habe dank meiner groben Erinnerung noch eine Vorstellung davon wie es ab „hier“ (aktuell Seite 198) weiter geht.
Ich liebe die Atmosphäre und die Welt und sehe oft mich selbst an Feyres Stelle und frage mich was ich tun würde.
Eindruck bei Seite 282:
Die Liebesgeschichte zwischen Feyre und Tamlin ist reichlich seltsam. Calanmai ist seltsam – auch das mit dem weißen Hirsch – und verstärkt meinen Eindruck dass die Autorin hier versucht auf etwas Keltisches zurück zu greifen. Allerdings habe ich davon keine Ahnung, also wer weiß.
Das Buch ist voller sinnlos erscheinender Szenen während Feyre im Schloss hockt und sich in Tamlin verliebt und malt. Ich glaube die meisten der Romantik gewidmeten Szenen lassen mich ziemlich kalt. Vielleicht bin ich einfach eine Un-Romantikerin? Dafür gibt es wiederum eine Menge schöner Settings für Liebesszenen.
Rhysand ist an Calanmai ein Held und als er Tamlin besucht ein richtiger Wichser. Ich hatte ganz vergessen dass er es war, dem Feyre den Namen vom Mädchen aus ihrem Dorf genannt hatte. Es gibt wirklich eine Menge gut zu machen in Band zwei… Btw hat er wirklich das mit dem aufgespießten Kopf zu verantworten???
Ich glaube die männlichen, testosteronvergifteten Muskelprotze gehen mir jetzt doch auf die Nerven. Gleichzeitig nervt es mich selbst extrem dass ich das bei jedem verdammten Romantasy Buch nervig finde. Ich WILL die Love-interests ja feiern und sexy finden, aber mein Kopf lässt mich nicht. Man kann sowas auch wirklich zerdenken.
Die Liebesgeschichte zwischen Tam und Feyre ist wie gesagt sehr merkwürdig. Wieso ist es ständig so dass er sie anbaggert, sie erst nein sagt (obwohl sie eigentlich was von ihm will) und ihm dann doch erlaubt ihr nahe zu kommen, nur damit ein entsprechender Kuss schnell wieder abbricht? Wieso zeigt sie nicht mal zuerst Initiative oder sagt nicht erst nein um dann doch ja zu sagen.
Vielleicht fühle ich die Liebesgeschichte gerade gar nicht, weil ich schon die anderen Bände aus der Reihe kenne und weiß worauf alles hinausläuft?
Statement beim Lesestand S. 284
Okay retro-spektiv gibt es eine Szene zwischen Tamlin und Feyre die ich ziemlich sexy finde und bislang zwei Szenen die mich emotional anticken konnten. Sexy: S. 232. Es ist immer noch die Nacht von Calanmai, Tamlin und Feyre begegnen sich im Gebäude. Tamlin ist von der Magie wie unter Drogen so dass er sich ziemlich sexuell erregt verhält und nicht klar denkt. Er drückt Feyre an die Wand, murmelt ihr Sachen zu und beißt sie in den Hals.
Berührend: Tamlin sieht die Gemälde in denen Feyre Erinnerungen aus ihrem alten Leben festgehalten hat und sieht ihre Seele hinter der Farbe und Leinwand. Er begegnet Feyre mit Respekt und sucht sich ein vor Einsamkeit strotzendes Winterwald-Bild aus, weil es ihn daran erinnert, dass er nicht der einzige ist, der so fühlt. Nächste berührende Szene: Nach Rhysands verstörendem Auftritt im Gebäude will Tamlin Feyre nach Hause schicken um sie zu beschützen.
Btw – ich habe gerade das Gefühl dass Tamlin sich ziemlich ähnlich zu Edward Cullen aus Bis(s) zum Morgengrauen verhält… Es gibt eindeutig Parallelen in ihren Verhaltensweisen…
Okay never mind, die erste Sexszene erwartete mich nur wenige Seiten weiter.
Der Aufenthalt im Dorf in der neuen Position wirft ein sehr interessantes Licht auf Feyres Entwicklung und das Dorf.
Generell gefällt mir diese Darstellung dass Menschen eigentlich in allem plumper und inkompetenter sind als Fae nicht besonders. Das ist mir irgendwie zu simpel.
Es ist erstaunlich dass Nesta es jetzt doch noch schafft mich für sie einzunehmen. Nach allem was sie am Anfang getan hat… Aber manche Taten können sowas aufwiegen. Unglaublich.
Ich wusste gar nicht mehr dass Clare Beddors der Auslöser oder Grund dafür ist, dass Feyre wieder proaktiv wird. Das dürfte das Ende des Prinzessinnen-Teils sein.
Die gehen mir echt auf die Nerven. Erst schickt Tamlin sie weg, (obwohl sie bleiben will) und dann beschweren sich alle sie sei so dumm gewesen, weil sie es tatsächlich gemacht hat. Dabei hat niemand etwas Gegenteiliges gesagt oder erklärt. Hallo?! Der einzige der hier scheiße gebaut hat, ist offensichtlich Tamlin! Natürlich leuchtet mir ein dass wegen dem Fluch niemand etwas erklären konnte, aber man muss doch mal realistische Erwartungen haben. Das erinnert mich wieder an die Twilight-Reihe, wo Bella irgendwann vorgeworfen wurde, sie sei blöd, weil sie tatsächlich geglaubt hat, dass Edward sie nicht mehr wollte, als er mit ihr Schluss gemacht hat. Natürlich glaubt man so etwas! Alles andere wäre nämlich auch ziemlich daneben.
Ich muss sagen, dass mir die ersten Male, wo ich das Buch gehört habe, der „Prinzessinnen-Teil“ am Besten gefallen hat. Jetzt ist es genau anders herum. Ich bin froh über die Story unter dem Berg, weil sie den Plot endlich in Schwung bringt.
Rhysand ist echt total daneben. Er hat Clare foltern lassen und Lucien bedroht. Wieso hatte ich das alles vergessen? Welche Entschuldigungen kann es dafür geben? – und für den aufgespießten Kopf. Als er Feyre in Tamlins Haus getroffen hat, hätte er danach niemanden ans Messer liefern müssen. Er hätte einfach darauf verzichten können von einem Menschen-Mädchen bei Tamlin zu berichten. Hm.
Kann man Liebe beweisen, indem man einen Riesenwurm tötet? Kann man Liebe überhaupt beweisen? Was genau ist denn „Liebe“?
Warum benimmt sich Tamlin so kalt und hilft Feyre nicht, genau wie Lucien? Wenn sie ihnen so wichtig ist, wieso lassen sie sie dann im Verlies an einer Infektion sterben? Ich bin echt wütend auf die beiden.
Okay laut Rhysand selbst hat Amarantha ihm das mit dem Kopf befohlen. Aber warum er überhaupt von dem Menschen und Clare erzählt hat, dann aber nichts gesagt hat als es das falsche Mädchen war… Ziemlich fauler Kompromiss. Und warum er Feyre mit Gewalt in seinen Handel zwingt…? Sie liegt da mit höllischen Schmerzen und im Fieberwahn und er packt einen Knochensplitter der aus ihrem Arm ragt und dreht daran um sie zum Einwilligen zu zwingen. Das ist wirklich, wirklich übel. Macht er das weil er in ihr eine Hoffnung sieht etwas gegen Amarantha zu unternehmen und es nicht erträgt nicht auch seine Kräfte in diese Hoffnung zu stecken? Auf jeden Fall handelt er wie ein wirklich sadistischer Soziopath nur um dann bei Kleinigkeiten grundlos nett zu sein. Wie bei der Sache mit den Linsen und dem Säubern von Feyre.
Okay das Vorführen einer nackten willenlosen Feyre vor dem gesamten Hof von Amarantha ist wirklich wirklich wirklich übel.
Langsam baut sich eine merkwürdige Verbindung zwischen Feyre und Rhysand auf – eine emotionale. Trotz des Hasses und Abscheus am Anfang scheint Feyre sich langsam für den Sadisten zu erwärmen. Ich würde sagen so nach der zweiten Prüfung. Sie fühlt sich irgendwie gegen ihren Willen zu ihm hingezogen. Rhysand ist zur Hälfte ein totales Arschloch und zur Hälfte nett. Er ist selbst dann ein Arsch wenn das niemand außer Feyre mitbekommt. Die ganze Zeit demonstriert er seine große magische Kraft, grinst sie an (egal ob sie weint, Schmerzen leidet, ihn beleidigt) und hilft ihr dann so heimlich wie möglich oder manchmal bei unwichtigeren Details auch ganz offensichtlich. Wie dabei sie vor den Schikanen der Wachen zu schützen oder ihr vernünftiges Essen zu besorgen. Und das mit der Heilung und dem Deal hat er ganz offen gemacht. Hätte sich ja auch schwer verbergen lassen.
Es ist echt strange dass Tamlin jetzt überhaupt nichts mehr tut um Feyre zu helfen. Vermutlich sieht er einfach nicht wie. Aber es ist schon krass dass Feyre nach der ersten Aufgabe fast im Fieberwahn gestorben wäre und Tamlin nichts versucht hätte.
Lucien meint ja später immerhin er wäre noch gekommen wenn er sich von seinen eigenen Wunden genügend erholt hätte. Ohne den Deal mit Rhysand wäre Feyre dann allerdings bei der zweiten Aufgabe gestorben.
Schlimmstes Zitat ever:
„… Hast du dich noch nie gefragt, warum ich dich außer an Armen und Taille nicht anrühre?“
„Das ist der einzige Beweis meiner Unschuld. … Nur so kann ich ihn davon überzeugen dass ich auf eurer Seite war. Glaub mir, nichts hätte ich lieber getan als dich in vollen Zügen zu genießen. Aber es gibt wichtigeres als eine Sterbliche in meinem Bett.“
Im Klartext – wenn er nicht befürchten müsste dass Tamlin ihn dafür umbringt, würde er sie vergewaltigen?!
Die dritte Aufgabe und das Finale sind wirklich ziemlich episch geschrieben. Ich glaube es würde nie so gut wirken wenn die Autorin Gefühle nicht so gut schildern könnte.
Ein wunderbares, wunderschönes, wohlverdientes Ende. ❤️
Ich habe wirklich nicht mitbekommen, wann Feyre Rhysand dafür vergeben hat, so ein Arsch zu sein. Vielleicht bei seinem ehrlichen Gespräch mit ihr in ihrer Zelle – ein Gespräch, das ziemlich unverhofft kam. Vielleicht durch die vielen Details. Auf jeden Fall trägt sie ihm nichts nach, weil sie jetzt weiß, dass alles nur von ihm gespielt war, um sein Volk und sein Land vor Amarantha zu schützen.
Ich weiß noch, dass ich beim ersten Konsumieren dieses Buchs selbst lange nicht wusste, auf welcher Seite Rhysand eigentlich steht und was hinter den Nettigkeiten steckt. Vielleicht weil er auch oft richtig brutal ist, selbst wenn es keinen Grund dafür gibt, weil er mit Feyre allein ist.
Es gibt auch eine Stelle nach dem Endkampf, als Rhysand sich verabschiedet und er dabei Feyre plötzlich erschrocken ansieht. Wegen etwas, das er in ihrem Gesicht sieht und ich weiß einfach nicht mehr warum. Was hat er gesehen? Das wird in diesem Band leider nicht mehr geklärt.
Insgesamt finde ich das Buch nach wie vor sehr gut geschrieben. Atmosphärisch und einfallsreich und ich habe immer noch mit Feyre gefühlt und anderen Figuren obwohl ich weiß wie alles ausgeht. Die Autorin baut viele bildliche Beschreibungen oder Vergleiche für Gefühle ein, die mich tief im Inneren ansprechen.
Ich war von den eineinhalb Liebesgeschichten in diesem ersten Teil nicht mehr so vorbehaltlos hin und weg wie früher – aus bereits beschriebenen Gründen – aber trotz allem was ich zu meckern habe… Haben sie trotzdem eine emotionale Sogwirkung auf mich und das kommt leider generell immer seltener vor bei mir und Büchern. Etwas in mir fühlt sich von dieser Art buchiger Liebesgeschichte immer noch angesprochen.
Vielleicht liegt es daran dass alles nicht so einfach ist und dass „beide“ Love Interests einen sehr greifbaren Charakter haben. Ihre Körper stehen für die Begründung der emotionalen Anziehung nicht im Vordergrund. Sie haben tragische Hintergrundgeschichten, die auf mich nicht obligatorisch wirken, sondern die ich irgendwie nachfühlen kann. Alles hängt mit dem Hauptplot zusammen und mit der Historie dieser Fantasy-Welt.
Ich glaube das Beste an dem Buch ist die Atmosphäre, die so gut rüber kommt.
Das waren meine Gedanken und Leseeindrücke
Schreib mir gern einen Kommentar
Bis dann, Gedankenpilze